Tom Erbskorn hatte die Tagung eröffnet, einleitend wesentliche Eckpunkte des ökotherapeutischen Ansatzes abgesteckt und dabei u.a. Kooperation mit dem Ganzen, Hoffnung, Gemeinschaft und Versöhnung als grundlegende und handlungsleitende Prinzipien der Ökotherapie dargestellt. Sein Hauptanliegen war es, Kooperation als wesentliches Handlungsprinzip in der Ökotherapie genau zu beschreiben und die Kooperation der Menschen mit dem größeren Ganzen, in dem sie leben, als zukünftige Lernaufgabe für die Menschen in den Vordergrund zu stellen. Er stellte heraus, dass es in der Ökotherapie um die Entwicklung der Fähigkeit ginge, zu unterscheiden, aber nicht zu trennen.

Den Wert von Menschen oder Diamanten kann man erst erkennen, wenn man sie aus der Fassung bringt!“, mit diesen munteren Worten hob der Vortrag von Prof. Dr. Nossrat Peseschkian an, der verdeutlichte, wie zentral das ‚Prinzip Hoffnung’ für individuelle wie gesellschaftliche Heilungsprozesse ist. Die von ihm begründete, ressourcen- und chancenorientierte ‚Positive Psychotherapie’ erwies sich im Verlauf per se als ein ökotherapeutisches Musterspiel. Sein erfrischender Vortrag machte klar, wie entscheidend, ja unabdingbar gerade in unserer globalisierten Welt das Einbeziehen auch von transkulturellen und spirituellen Aspekten in die Therapie ist. Er machte deutlich, dass es richtig ist, bei sich selbst anzufangen, aber dort nicht stehen zu bleiben, sondern für die Welt positiv wirksam zu werden.

Der bekannte Bestsellerautor Wolfgang Schmidbauer, der selbst als Pionier der Ökotherapie bezeichnet werden darf und schon Ende der 80er Jahre zu diesem Thema publizierte, schilderte seinen Zugang zum Thema und einige wesentliche Grundsätze, - und er zeigte sich schließlich selbst wieder neu bewegt und erfüllt von diesem Konzept. Er nahm auch Bezug auf die aus seiner Sicht ursprünglichen Ökotherapeuten, die Schamanen und Vertreter der Naturreligionen, die uns die Ganzheitlichkeit vorlebten, indem sie nicht trennten zwischen Seelsorge, Medizin und Psychotherapie. Er sah in der Ökotherapie nicht die Entwicklung einer neuen Therapie, sondern, ähnlich wie später Pastor Weigle, die Entwicklung einer Haltung nicht nur in der Therapie. Auch bei ihm war ein wesentlicher Grundsatz, bei sich selbst anzufangen, hier eher mit der Aussage, sich als Therapeuten nicht über andere zu stellen. Er wies darauf hin, dass es bei der Ökotherapie nicht um Konsumverzicht, sondern um weniger Ressourcenverbrauch gehe und dabei mit einer höheren Lebensqualität zu rechnen sei.

Das Podiumsgespräch unter Mitwirkung von Prof. Dr. Peseschkian, Dr. Schmidbauer, Peter Doormann und Dr. Barbara Strohschein und der Moderation von Tom Erbskorn ergab noch Antworten auf die Frage, wie die Referenten die Entwicklung der Ökotherapie in der nächsten Zukunft sehen. Der vielleicht interessanteste Beitrag dazu kam von Prof. Dr. Peseschkian, der anregte, die Globalisierung positiv zu nutzen und zur Entwicklung eines ökologisch orientierten Weltbürgertum beizutragen. Dabei ginge es in der Therapie um die Bearbeitung von Entfremdung jeglicher Art, wobei sich besonders die kulturelle Fremdheit in kulturelle Kompetenz verwandeln sollte.

Pastor Peter Weigle rundete das ganze durch seine Einlassungen zu dem Prinzip Versöhnung und der Rolle und Bedeutung der Religionen in diesem Zusammenhang ab und legte in einer sehr differenzierten Art und Weise dar, wie zwiespältig das Thema im Hinblick auf die etablierten religiösen Institutionen und wie hoffnungsvoll im Hinblick auf die versöhnlichen Entwicklungen der sich verändernden individuellen Religiositäten unserer Zeit betrachtet werden kann. Nach ihm geht es in der Ökotherapie um die Entwicklung einer Haltung, weniger um eine neue Therapieform. Ziel wäre die Entwicklung von Versöhnungsfähigkeit. Er priorisierte Frieden vor Wahrheit, postulierte eine Friedenspflicht und erinnerte an die goldene Regel als Leitschnur für die Ökotherapie.

Dr. Barbara Strohschein schließlich entfaltete den Begriff der ‚Werteökologie’, hob hervor, wie viele der gegenwärtigen Problemstellungen im Kern auf Entwertungsprozessen beruhen und wie dem durch werthaltigere Herangehensweisen begegnet werden kann. Ein Ergebnis der Tagung ist damit die Wichtigkeit des Prinzips Wertschätzung, das sich als fünftes zu den oben genannten Prinzipien der Kooperation, Hoffnung, Gemeinschaft und Versöhnung hinzugesellt. Frau Strohschein definierte auch den „homo ökologicus“ als neues Menschenbild. Sie wies auf eine verbreitete Unfähigkeit zu Visionen hin. Die Fähigkeit zur Vision erscheint aber notwendig, um Menschen zu Werteökologen zu entwickeln.

Der tiefenökologische Aspekt der Ökotherapie ist in allen Vorträgen deutlich geworden, nämlich dass das konsequente Zuende-denken der Ganzheitlichkeit auch zur Berücksichtigung der geistigen Ökologie führt, dass eine Trennung von Mensch und Natur weder biologisch noch auf geistiger Ebene sinnvoll ist, noch dass es eine Trennung zwischen Natur und Geist gibt. Als integraler Teil der Natur darf der Mensch sich nicht zerstörerisch verhalten, das kann er nur, wenn er dieses ganzheitliche Bewusstsein nicht hat.