Bilke-Hentsch, Dr. Oliver
Zwischen Medienkompetenz und Medienabhängigkeit - psychodynamische Erkundungen
Kongress: 12. Bonner Symposium zur Psychotherapie 45 min, deutsch Inhalt / abstract Die spezifische intraindividuelle und familiäre Psychodynamik von adoleszenten Medienabhängigen wurde bisher eher an Kasuistiken erarbeitet. Wenige Befunde aus Spezialsettings in Asien weisen auf intensive familiäre Verstrickungen hin. Während bei leichten Fällen Psychoedukation und erzieherische Maßnahmen ausreichen, um bessere soziale Adaptation zu erreichen, sind hochgradig beeinträchtigte Patienten nur durch aufwändige stationäre Maßnahmen zu erreichen, die in der Therapieplanung neben den allgemeinen psycho-sozialen Interventionen auch die Pharmakotherapie und die individuelle Psychodynamik berücksichtigen müssen. Neben den schulischen und sozialen Ausfällen zeigten sich bei stationären Patienten erhebliche strukturelle Defizite in der Emotionsregulation, eng verstrickte Beziehungen zu den leiblichen Müttern und überzufällig häufige Versorgungs-Autarkie-Konflikte sowie eher unreife Abwehrmechanismen. Konfliktmuster und seelische Strukturniveaus sind für die langfristige Interventionsplanung bei Adoleszenten mit schwerwiegendem Medienmissbrauch von hoher Bedeutung. Ein früher Fokus der Beratung auf im Hintergrund wirksame Konflikte kann auch die Akzeptanz von familienorientierten Interventionen erhöhen. Diese klinisch-therapeutischen Überlegungen stehen im Gegensatz zu epidemiologischen Befunden, die die Ressourcen der neuen Medien in den Vordergrund stellen oder rein suchtmedizinischen Ansätzen, die im Kindes- und Jugendalter latent und manifest wirksame Konfliktdynamiken vernachlässigen. Genaue Kenntnis der gängigen Spiele im Sinne eines adaptierten szenischen Verstehens ist für den Therapeuten wie für den Klienten Voraussetzung gelingender Kooperation. | ||
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